Häusliche Gewalt

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häusliche Gewalt

Es vergeht kaum eine Woche, in der die Medien nicht über Fälle häuslicher Gewalt in Österreich berichten. Das seit Jänner 2020 geltende Gewaltschutzgesetz schützt Opfer auch außerhalb der Wohnung, durch ein Annährungsverbot. Bei Verstößen drohen Geldstrafen oder strafrechtliche Konsequenzen. Für die Überprüfung der Einhaltung ist die Polizei zuständig. Gewaltschutzzentren und eine Info-Seite des Gesundheitsministeriums sollen Opfern Hilfestellungen und Schutz bieten. Die D.A.S. Juristen erklären, worauf es bei einem Annäherungsverbot ankommt und wie eine Einstweilige Verfügung beantragt werden kann.

Laut Statistik wird jede fünfte Frau in Österreich einmal im Leben Opfer einer Gewalttat. Seit der Coronakrise hat die Frauenhelpline gegen Gewalt sogar einen Anstieg an Anrufen um 73 Prozent verzeichnet.

Um Opfer häuslicher Gewalt besser und wirksamer zu schützen, wurde Anfang 2020 das dritte Gewaltschutzgesetz in Kraft gesetzt. Es soll schnellere rechtliche Schutzmaßnahmen bieten.

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Annäherungsverbot schützt Opfer auch außerhalb der Wohnung

Neu im Gesetz ist das Annäherungsverbot, das zusammen mit dem Betretungsverbot ausgesprochen werden kann. Das Annäherungsverbot schützt das Opfer überall, wo es sich aufhält, nicht mehr nur in der Wohnung, in der es lebt. Laut dem Sicherheitspolizeigesetz ist die Polizei ermächtigt, dem Gefährder das Betreten der Wohnung oder des Hauses sowie des Bereichs im Umkreis von 100 Metern zu untersagen.

Ein Betretungs- und Annäherungsverbot kann ausgesprochen werden, wenn zum Beispiel wegen vorangegangener Gewalthandlungen anzunehmen ist, dass ein gefährlicher Angriff auf die Person droht, die in der Wohnung wohnt. Der Angriff kann das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit des Opfers betreffen. Geschützt sind dadurch dann alle Personen, die in der Wohnung wohnen. Unabhängig von Verwandtschafts- und Besitzverhältnissen.

Einhaltung wird von Polizei in den ersten Tagen überprüft

Das Annäherungs- und Betretungsverbot wird für zwei Wochen ausgesprochen und dessen Einhaltung innerhalb der ersten drei Tage von der Polizei überprüft. Es wird für jede Person ausgesprochen, von der Gefahr ausgeht. Es muss sich somit nicht um den Bewohner der betroffenen Wohnadresse handeln.

Wenn innerhalb dieser zwei Wochen bei Gericht eine Einstweilige Verfügung beantragt wird, verlängert sich das polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbot auf vier Wochen. Das gibt dem Gericht Zeit, über den Antrag zu entscheiden und ermöglicht durchgehenden Schutz für die gefährdete Person.

Verstoß wird hart bestraft

Während des Betretungsverbotes darf der Gefährder die Wohnung und den festgelegten Schutzbereich nicht betreten. Auch nicht mit Zustimmung der gefährdeten Person! Versucht der Gefährder dies dennoch, begeht er eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.500 Euro zu bestrafen.

Bei fortgesetzter Missachtung besteht außerdem ein Festnahmerecht. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind denkbar, wenn beispielsweise der Tatbestand der gefährlichen Drohung oder Körperverletzung erfüllt wird.

Längerer Schutz durch einstweilige gerichtliche Verfügung

Ist längerer Schutz vor dem Gefährder notwendig, hat die gefährdete Person die Möglichkeit, bei Gericht einen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung zu stellen. Die Einstweilige Verfügung kann auch unabhängig von einem polizeilichen Betretungsverbot erlassen werden und umgekehrt.

Dieser Antrag kann – abhängig von der Gewalt- oder Gefährdungssituation – darauf gerichtet sein, dass der Gefährder die Wohnung, deren unmittelbare Umgebung und/oder bestimmte Orte für einen festgesetzten Zeitraum nicht betreten darf. Auch Eingriffe in die Privatsphäre des Opfers, sowie die Kontaktaufnahme können für bis zu ein Jahr untersagt werden. Darunter fällt auch die persönliche, postalische, telefonische Kontaktaufnahme oder das Schreiben von Nachrichten über soziale Medien. Auch die Weitergabe von Daten und Lichtbildern an andere Personen ist verboten.

Hilfe durch Rechtsanwalt wird dringend empfohlen

Wird längerer Schutz benötigt, kann bei Gericht ein Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung gestellt werden. Obwohl die Anträge für die Einstweilige Verfügung durch die gefährdete Person beim Bezirksgericht des Wohnorts auch ohne Rechtsbeistand eingebracht werden können, empfehlen wir dringend, einen Anwalt einzuschalten.

Die rechtliche Beratung ist wichtig, um alle erforderlichen Unterlagen für die Entscheidung des Gerichts mitzubringen. Zum Beispiel werden „Bescheinigungsmittel“ als Nachweis der Gewaltanwendung benötigt, wie ärztliche Befunde. Fotos oder Zeugenaussagen.

Opferschutz-Info-Seite des Gesundheitsministeriums

Um Betroffenen und Organisationen Infos und Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, hat das Gesundheitsministerium eine Opferschutz-Seite erstellt. Unter https://toolbox-opferschutz.at/ sind Infos rund um das Thema häusliche Gewalt zu finden. Auch Gesetzestexte und Anlaufstellen sind auf der Seite aufgelistet.

Neue Gewaltschutzzentren in den Bundesländern

Neu ist auch, dass zur umfassenden Unterstützung gefährdeter Personen in jedem Bundesland ein Gewaltschutzzentrum beziehungsweise in Wien eine Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie eingerichtet wurden.

Diese staatlich finanzierten Zentren sind darauf spezialisiert, Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking umfassend zu unterstützen. Wenn von der Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, verständigt sie sofort das örtlich zuständige Gewaltschutzzentrum oder die Interventionsstelle in Wien. Die Zentren kontaktieren dann die gefährdete Person und bieten aktiv Hilfe an. Das Angebot reicht von der Erstellung eines Sicherheitsplans über Rechtsberatung bis hin zur psychosozialen Unterstützung.

Auch bei Bekanntwerden von Stalking kann die Polizei das Gewaltschutzzentrum/ Interventionsstelle Wien verständigen und es wird auch in diesen Fällen die gefährdete Person umgehend aktiv kontaktiert. Natürlich können von häuslicher Gewalt oder Stalking betroffene Personen ein Gewaltschutzzentrum/ Interventionsstelle Wien auch direkt kontaktieren, also ohne vorangehende polizeiliche Intervention.