Wie lautet der Vertrauensgrundsatz?
Grundsätzlich kann jeder Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr darauf vertrauen, dass andere Personen die maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen.
§ 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt dies im Detail.
Bei Verkehrsunfällen gilt darüber hinaus: Alle Personen, deren Verhalten zu einem Unfall geführt haben, sind verpflichtet, sofort anzuhalten, wenn sie ein Fahrzeug lenken. Sie müssen ebenso notwendige Maßnahmen treffen, wenn aufgrund des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, um diese zu vermeiden.
Wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind, ist man verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten.
Hier greift das Verkehrsrecht ins Strafrecht: Tut man dies nicht, begeht man nämlich ein Unterlassungsdelikt nach dem § 95 Strafgesetzbuch (StGB) – die unterlassene Hilfeleistung. Dieses Delikt kann nur mit Vorsatz begangen werden.
Wer ist vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen oder ausgeschlossen?
Der Vertrauensgrundsatz gilt nicht gegenüber Kindern, Sehbehinderten mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Körperbehinderten oder Gebrechlichen, wenn angenommen werden kann, dass sie unfähig sind die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen.
Kinder sind wegen ihrer Körpergröße grundsätzlich nicht leicht wahrnehmbar und ihr Verhalten ist mitunter schwer zu interpretieren.
Zusätzlich normiert § 29a StVO den „unsichtbaren Schutzweg“ für Kinder, sie haben also immer Vorrang: Bei Kindern, die sich auf der Straße befinden oder sich ihr nähern, muss man als Autolenker ganz besonders aufpassen. Vorsicht ist insbesondere in der Nähe von Horten, Schulen oder Kindergärten geboten.
Was bedeutet der Vertrauensgrundsatz in der Praxis?
Juristen sind sich manchmal uneinig darüber, was verkehrskonformes Verhalten bzw. eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung in einer konkreten Situation bedeuten.
Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (OGH) haben zum Vertrauensgrundsatz zwei Kernaussagen:
1. Jede unklare Verkehrssituation ist im bedenklichen Sinn auszulegen.
2. Wer sich selbst verkehrsordnungswidrig verhält, kann sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen.