Was ist passiert:
Am 17.05.2008 besuchen Frau L. und ihr Freund ein Tierschutzhaus in Niederösterreich, um sich einen Hund auszusuchen.
Ihre Wahl fällt auf einen siebenjährigen Stafford Terrier.
Der „Staff“ gilt als freundlich und menschenbezogen, allerdings hört und sieht er schlecht.
Wegen einer Ohrenverletzung trägt der Hund zum Zeitpunkt des Besuchs keinen Beißkorb.
Zunächst verläuft alles gut: Der Hund freundet sich immer mehr mit seinen Besuchern an, lässt sich Leckerli geben, die er völlig ruhig von der Hand nimmt, er lässt sich streicheln und schleckt seinen Besuchern die Hände ab. Frau L. und ihr Freund wollen sich noch überlegen, ob sie den Hund zu sich nach Hause nehmen.
Frau L. will sich von dem freundlichen Hund verabschieden: sie beugt sich zu ihm hinunter und spricht ihn – nur mehr 25 cm von seinem Kopf entfernt – an. Der schwerhörige und schielende Hund erschrickt und fährt mit dem Kopf in die Höhe, ohne dabei jedoch ein Aggressions- oder Verteidigungsverhalten zu zeigen.
Dabei passiert es, dass seine Zähne Frau L.´s Nase verletzen. Frau L. begehrt € 4.000.- Schmerzengeld vom Tierschutzverein – immerhin musste die Wunde genäht werden.
So hat der OGH entschieden:
Wie ein Tier zu verwahren bzw. zu beaufsichtigen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Maßgeblich sind die Gefährlichkeit des Tieres, die Möglichkeit der Schädigung und eine Interessensabwägung.
Die Anforderungen an die die Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht dürfen dabei nicht überspannt werden.
Sind dem Tierhalter aber Eigenschaften eines Tieres bekannt bzw. hätten ihm diese bekannt sein müssen, die zu einer Gefahrenquelle werden könne, wie etwa nervöses oder unberechenbares Verhalten, muss er für entsprechende Vorkehrungen sorgen. Unterlässt er das, muss er dafür einstehen.
Bei einem Stafford Terrier handelt es sich um einen Hund mit erhöhtem Gefährdungspotential (sogenannter „Kampfhund“).
Allerdings war in diesem Fall der Hund in der mehrmonatigen Beobachtung sehr zutraulich, menschenbezogen und galt als „Schmuser“ Frau L. hat sich bei der Verabschiedung selbst in eine Gefahrenlage gebracht, in dem sie sich zu dem schwerhörigen und schlecht sehenden Hund hinunter gebeugt hat.
Der Tierschutzverein musste nicht damit rechnen, dass Frau L. gegenüber einem fremden Hund ein derartiges Verhalten setzt, es ist ihm kein Verschulden anzulasten..