Rechtsanwalt Mag. Stefan Hutecek über dunkle Schatten auf der Nachbarschaftsharmonie
Wenn der Baum des Nachbarn Schatten auf mein Grundstück wirft
oder: Wie man den Nachbar zwingt, seinen Baum zu fällen
Der Baum des Nachbarn treibt Sie in den Wahnsinn? Sie müssen selbst beim schönsten Tag Licht im Haus aufdrehen, es wächst kein Gemüse mehr, nur noch Moos? Dann haben Sie vor Gericht gute Karten, dass der Nachbar zur Axt greifen muss.
Der Nachbar hat einen riesigen Baum in seinem Garten, der Ihnen Ihr Heim verfinstert und vielleicht sogar die Frischluftzufuhr beeinträchtigt? Das muss man nicht in allen Fällen stumm erdulden. Stefan Hutecek, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsschutz AG, gibt Tipps, wie man sich gegen Pflanzen vom Nachbarn wirkungsvoll wehren kann, die großen Schatten werfen. Denn als Nachbar hat man mehr Rechte als man glauben möchte.
So hat der Gesetzgeber Grundstückseigentümern die Möglichkeit eingeräumt, Nachbarn „die von dessen Bäumen und anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht und Luft insofern zu untersagen, als diese das für die örtlichen Verhältnisse gewöhnliche Maß überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des eigenen Grundstückes führen.“
Wann man vor Gericht eine Chance hat:
Unter strengen Voraussetzungen ist damit sogar möglich, das Fällen des Baumes des Nachbarn gerichtlich zu erwirken. Denn laut Paragraph § 364 Abs. 3 ABGB ist nur aufgrund einer unerträglichen Beeinträchtigung des Nachbarn der Eingriff in das Recht des Baum- oder Pflanzeneigentümers zulässig.
Im Vergleich zu "unmittelbaren Zuleitungen" wie durch Regenwasser, das der Nachbar auf fremden Grund abrinnen lässt oder wenn vom Nachbarn feste Körper größeren Umfangs eindringen wie Dachlawinen oder Steinschlag und "positiven Immissionen" wie Lärm, Gestank, Rauch oder Gase ist bei diesen sogenannten "negativen Immissionen" wie Schatten und verringerte Luftzirkulation nur unter sehr strengen Bedingungen ein Eingriff in das Recht des Baum- oder Pflanzeneigentümers zulässig. Dabei kommt es auf die Art der Beeinträchtigung, die Widmung, die Benützung und die Größe und Lage des betroffenen Grundstücks an.
Als gerechtfertigt von fremden Pflanzen beeinträchtigt, gilt vor dem Gesetz wenn man
• selbst an einem Sonnentag in einem angrenzenden Haus oder Wohnung auch zu Mittag eine künstliche Beleuchtung braucht,
• die Pflanzen des Nachbarn beinahe auf das gesamte Grundstück einen Schatten werfen. Auch wenn die eigene Wiese durch den Schatten droht zu versumpfen, zu vermoosen oder sonst zu leiden droht.
• die Sicherheit von Personen und Sachen am Nachbargrundstück gefährdet werden
• eine schon bestehende Solaranlage in ihrer Funktion erheblich gestört wird.
Wer eine Immobilie kauft, sollte vorher genau die Umgebung prüfen
Wer allerdings ein Grundstück kauft, bei dem von vornherein ersichtlich war, wie groß die Bäume des Nachbarn sind oder wie stark die Beeinträchtigung durch Schatten ist, hat vor Gericht keine Chance. Auch wenn die Pflanzen des Nachbarn nur einen kleinen Teil des eigenen Grundstücks mit Schatten bedecken, wird eine Unterlassungsklage keinen Erfolg haben.
Außergerichtliche Streitbeilegung als ersten Schritt
Um Prozesse zu vermeiden, sind Betroffene verpflichtet, vor der Einbringung einer Unterlassungsklage eine außergerichtliche Streitbeilegung zu versuchen. Um die Sache einvernehmlich zu regeln, kann man sich entweder an eine Schlichtungsstelle (wie etwa jene der Rechtsanwaltskammer) wenden oder eine Mediation in Anspruch zu nehmen. Wer wenig Hoffnung auf eine außergerichtliche Einigung hat, kann beim zuständigen Bezirksgericht einen sogenannten prätorischen Vergleich beantragen. Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung, kann man die Bestätigung darüber der Klage beifügen.
Wer die Kosten trägt
Bei einer außergerichtlichen Streitbeilegung werden die Kosten, mangels anderer einvernehmlicher Regelung, zunächst von dem potentiellen Kläger getragen, der diese bei einem nachfolgenden Gerichtsverfahren im Falle des Prozesserfolges vom Gegner ersetzt bekommt.
Die Kosten für die Beseitigung des Baumes oder anderer Pflanzen, die Schatten auf des Nachbars Grund werfen, muss der Grundstückseigentümer tragen, der beeinträchtigt wird. Verursachen jedoch eindringende Äste und Wurzeln Schaden etwa an der Wasserleitung oder der Kanalisation oder drohen Schäden am Hausdach, der Fassade oder am Auto, ist die Beseitigung von beiden Seiten je zur Hälfte zu tragen.
Keinen Anspruch auf Unterlassung haben jedoch beeinträchtigte Grundstückseigentümer, wenn das öffentliche Interesse überwiegt. Steht etwa ein Baum unter Naturschutz, kann der Baum noch so viel Schatten werfen, er darf nicht gefällt werden. Es sei denn, es ist Gefahr im Verzug und die Sicherheit von Personen und Sachen steht auf dem Spiel.
Über den Anwalt
Hutecek & Pfeiffer Rechtsanwälte
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